Prall, Saftig, Schnuckelig oder Verfilzt und Trocken?

… Nicht so schlimm. Sagte ich mir, als ich letztes Jahr – ausgerechnet beim Tango – auf den Ellenbogen gefallen bin. Ich habe weitergetanzt. Erst zu Hause sah ich das Loch im Ärmel und die blutende Wunde…

Wird schon wieder …, als sich eine Schleimbeutelentzündung einstellte – groß wie ein Hühnerei. Ich lief zwei Wochen mit höllischen Schmerzen und einem Zink-Leim-Verband rum.

Als die Schmerzen langsam nachließen, fiel mir auf, dass auch meine Schulter geprellt war. Und meine Hüfte. Und mein Knie auch. Die ganze rechte Seite.

Nur gut, dass ich mich mittlerweile gut auskenne: Als erstes muss die Entzündung raus. Durch Umschläge mit Quark – was für eine Bazerei oder Retterspitz. Riecht gut. (Klar – nach Rücksprache mit der Ärztin)

Und dann habe ich mich um meine Faszien  (Bindegewebe) gekümmert. Die haben nämlich ordentlich was abgekriegt.

Faszien sind ein Sinnesorgan

Vielleicht ist es überraschend für dich, wenn du liest, dass deine Faszien mit der größten Anzahl an Sinnesrezeptoren und Nervenzellen ausgestattet sind. Dein Gehirn wird also permanent von Sinneseindrücken überschüttet.

Faszien werden neuerdings sogar als Organ bezeichnet und Sinneseindrücke nimmst du auch auf – und zwar mehr als dir lieb sind. Denk mal an Fußschmerzen. Fersensporn zum Beispiel. Oder Kopfschmerzen. Ein verspannter Rücken oder steife Finger. Und bei mir fast überall an der rechten Seite…

Was alles ein wenig kompliziert macht: Der Schmerzort ist meist nicht der Entstehungsort. Das erklärt auch, warum dich die Osteopathin scheinbar irgendwo behandelt, nur nicht dort, wo die Schmerzen „sitzen“.

Faszien: Dein Wohlfühlen hängt von ihnen ab. Oder dein Missbehagen – je nachdem.

Faszien – was ist das eigentlich?

Ganz einfach erklärt, sind sie eine Art „Verpackung“. Ein dichtes Netz aus kollagenen Fasern, die sich direkt unter deiner Haut befinden.

Faszien sind ein Netz wohlgeordneter, genährter Fasern, die glücklich sind, wenn sie dich halten dürfen.

Mal nur einen Bruchteil eines Millimeters dünn – z.B. im Gesicht und am Hals oder an der Hand. Zum Teil aber auch lederartig und zentimeterdick an den Fußsohlen und am unteren Rücken. Mal sind sie elastisch und glatt wie am Brustbein, dann wieder schwammig mit eingelagerten Fettzellen –  z.B. am Oberschenkel – Cellulite lässt grüßen.

Die oberste Schicht deiner Faszien ist überall unter deiner Haut. Quasi wie ein Neoprenanzug, wie ihn die Taucher benutzen. Mir gefällt „Bodysuit“ besser. Lass dieses Bild auf dich wirken: Dein gesamter Körper ist also direkt unter deiner Haut gut verpackt.

Ein intaktes Fasziengewebe hält, schützt und formt deinen Körper. Gibt dir Konturen und lässt dich großartig aussehen.

Faszien tummeln sich lustvoll fast überall in dir

Das war aber erst die oberste Faszienschicht. Außerdem wird jeder Muskel, jede Muskelzelle, alle unsere inneren Organe von Faszien umhüllt. Weiter geht es mit den Knochen: Sie sind ummantelt. Bänder und Sehnen sind Faszien, die nicht etwa an die Knochen „geklebt sind“ sondern dringen tief in die Knochen ein. Das erklärt auch, warum Bewegung und Druck effektiv gegen Osteoporose wirkt.

Wenn die Faszien sich wohl fühlen, dann kannst du dir vorstellen, dass sie deine Organe halten, schützen, massieren. Und deine Knochen von innen stärken und nähren…

Ums kurz zu machen. Wir sind durch und durch von Faszien durchdrungen und alle sind wiederum miteinander verbunden.

Verbunden heißt verknüpft, elastisch, geschmeidig, durchlässig, flexibel… Ein dreidimensionales Netz überall in deinem Körper

Ab in die Tonne

…hieß es lange. Denn das „labberige Zeug“, in dem scheinbar nur Fettzellen eingelagert sind, wurde bis vor wenigen Jahren bei Obduktionen einfach als störend entsorgt.

Dabei verlaufen darin neben Nervenzellen auch Lymphbahnen. Die Zellzwischenraumflüssigkeit im Bindegewebe hat die Aufgabe, die Körperzellen- und so auch unsere Haut- mit allem zu versorgen, was sie zum Leben brauchen. Gleichzeitig geben die Zellen all ihre Stoffwechselabfallprodukte (Schlacken) an diese Flüssigkeit zurück. Das Bindegewebe funktioniert also als Wertstoff-und Mülldeponie zugleich.

Das Wissen um die Faszien verbreitet sich auch unter Ärzten erst nach und nach. In ihrem Studium wurde es oft noch nicht einmal erwähnt, wie mir mehrere Ärzte bestätigt haben.

Ein gesundes Bindegewebe bedeutet Spannkraft und Jugendlichkeit und Attraktivität. Und Altern beginnt im Bindegewebe

Faszien geben dir also

  • Kraft und Elastizität
  • Sorgen für Stabilität
  • Machen dich behände und schnell
  • Geben dir und deinen Organen Halt
  • Speichern Gewebeflüssigkeiten und
  • Geben Schlacken wieder ab.

Schaust du beim Gehen in den Boden?

Soweit so gut. Warum ziept es uns aber so häufig in der Nackengegend? Warum laufen wir mit gesenktem Kopf herum? Wieso bekommen wir Dellen an den Oberschenkeln?

Die Frage kannst du dir selbst beantworten. Dazu steckst du deinen wunderschönen, elastischen Bodysuit in die Kochwäsche mit Schleudergang und dann noch in den Trockner.

Vernachlässigte Faszien sind ein verfilztes Ding, einem Kettenhemd gleich. Zu klein, unnachgiebig…

Heraus kommt ein verfilztes Ding, einem Kettenhemd gleich. Zu klein, unnachgiebig… Und das zieh dir in Gedanken an.

Mal ehrlich. Kannst dir vorstellen, damit aufrecht und selbstbewusst zu stehen? Dich elegant und geschmeidig zu bewegen? Anderen auf Augenhöhe begegnen?

Eben!

Endlich habe ich kapiert, warum wir uns nach dem Joggen dehnen müssen

Deine Faszien bekommen durch ungewohnte Bewegungen feinste Risse. Bei mir durch den Sturz. Es genügt aber auch ein Muskelkater. Dein Gehirn schaltet sofort den Reparaturdienst ein. Risse, Verletzungen und Wunden werden mit einem „Kleber“ notdürftig versorgt.

Und jetzt kommt’s: Dieser Kleber lässt deine Faszien verfilzen. Du fühlst dich steif. Unbeweglich. Alt. Das ist der Filz drin.