Ganzheitliche Fußschule

 

über eine ungewöhnliche Fußschule

Wo die Freude ist, ist der Weg

Susanne ist schlecht zu erreichen. Über Facebook schon gar nicht: Dieses „Pseudofreundschaftstrallala“ geht ihr auf die Nerven, weiß ich mittlerweile und sie nutzt ihre Zeit für wichtigere Dinge, wie ich noch erfahren werde. Dabei wollte ich unbedingt Kontakt zu ihr aufnehmen, denn sie hat ein super Buch über Füße veröffentlicht und mehrere Leserinnen haben mich schon darauf aufmerksam gemacht.

Also noch ein Versuch über E-Mail. Und diesmal hatte ich Glück und war baff, denn als Antwort bekam ich: „Klasse, dass du mir JETZT schreibst. „Zufällig“ bin ich gestern auf deinen Blog gekommen und war sofort begeistert…“ Susannes Buch mit Widmung war zwei Tage später in meinem Briefkasten und dazu ihre Einladung, sie bald auf ihrem Bauernhof im Allgäu zu besuchen, in dem sie auch ihre Praxis hat. Gratis Fußbehandlung inklusive. Das hört sich doch verlockend an.

In der Einleitung zu ihrem Buch lese ich von ihrer Tanzausbildung und ihren schmerzenden,  geschundenen Füßen, die seltsamerweise bei Tänzerinnen häufig wie Stiefkinder behandelt werden. Über ihre Fußprobleme, die sich irgendwann nicht mehr ignorieren ließen, kam sie mit Rolfing, Atemtherapie und Feldenkrais in Kontakt.

Von der Bühne in den Kuhstall

Bildlich nimmt sie mich mit, als sie vom Spitzentanz zum afrikanischen Tanz wechselte und damit den Ballettschuh gegen Barfußtanz tauschte. „Vermeintliche Stampfbewegungen, sind im Grunde ein liebevoller, sanfter Kontakt zwischen den Füßen und dem Boden.“ Vielleicht liegt hier auch der Grund, weshalb sie der Bühne den Rücken gekehrt und einen Landwirt geheiratet hat.

Weitere Zwischenstationen waren Yoga-Ausbildung mit Spiraldynamik und eine vieljährige Ausbildung bei einem indianischen Körperheiler. Das war eine spannende Zeit, wie sie mir bei einem Glas grünem Smoothie erzählte, aber ich greife vor… Seit ca. 20 Jahren gibt Susanne Kinzelmann-Gullotta  nun ihr umfangreiches Wissen in ihrer ganzheitlichen Fußschule und in Seminaren weiter und jetzt auch in ihrem Buch.

Und genau in solch einem Seminar war ich dieses Wochenende und bin noch ganz erfüllt und bereichert. Auf der Hinfahrt durch das Allgäuer Voralpenland war ich dankbar gestimmt über diese wunderbare Gelegenheit, mir ganz praxisnah Wissen über Füße anzueignen. Ich wurde warmherzig empfangen und stutzte nur ein wenig, als ich statt auf bayrisch, mit einem freundlichen rheinländischen Akzent begrüßt wurde.

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In den Knochen ist die Weisheit der Erde gespeichert

Pünktlich um 9 Uhr, nehmen wir im ausgebauten, ehemaligen Kuhstall gemütlich auf Schaffell-Yoga-Matten Platz. Wir beginnen mit den Lebensübungen, die Susanne aus ihrer Yogapraxis entwickelt hat. Darüber regen wir zum Beginn unser Knochenbewusstsein an. Spüren ihre Schwere, Dichte und Härte und lassen uns tief in die Erde sinken. Laden später die flüssigen Anteile unseres Körpers ein, in Schwingung zu kommen und mit einer Atemübung heizen wir das Feuer in uns an. Bereits hier erspüren wir die ersten Wellen- und Spiralbewegungen, denen wir im Laufe des Wochenendes immer wieder begegnen werden.

Zeit für eine ungewöhnliche Vorstellungsrunde

Wir sind eine wissbegierige und aufgeschlossene Truppe, deshalb waren wir sehr neugierig auf unsere Füße, die nun zur „Hauptperson“ wurden. Reihum durfte jeder mal auf’s Sofa und bequem seine nackten Füße Richtung Publikum strecken. Und schon geht es los: „Welcher Fuß ist dominanter, wie ist die Farbe, welche Auffälligkeiten erkennen wir. Welcher Beruf könnte zum rechten und welcher zum linken Fuß passen. Könnten die beiden sich auf einen gemeinsamen Urlaub einigen? Bei Anjas Füßen kommt mir spontan: Zu ihnen passt ein großer Hund, der ihr aufs Wort gehorcht. Ein zustimmendes Grinsen bestätigt meinen Eindruck.

Wie kann ein Künstlertyp mit einem nüchternen Büromenschen harmonieren?

Was wissen wir schon über unsere Füße? Im Idealfall gestehen wir ihnen zu, dass sie sich in kleinen Details unterscheiden. Eine Längendifferenz von einer halben Schuhgröße lassen wir gerade noch durchgehen. Dass die Zehen von Form und Ausrichtung ein wenig voneinander abweichen, nur ungern. Dass es aber „charakterliche“ Unterschiede gibt, wurde mir erst hier bewusst.

Füße spiegeln unseren Charakter

Bei der Füße-Schau und noch deutlicher bei den nachfolgenden Behandlungen, war ich immer wieder erstaunt, wie unvermittelt Füße zum Ausdruck bringen, was ihnen fehlt oder um im Bild zu bleiben: wo sie der „Schuh drückt.

Ein Gespräch mit Hand und Fuß

Nach dem Sofa darf ein „Opfer“ auf die Behandlungsliege. Hier geht es nicht nur darum, Massagegriffe zu lernen. Wir lassen uns von den Füßen leiten. Wie bei einem guten Gespräch, nehmen wir Kontakt auf, wenden uns zu, sind aufmerksam. Schweigen, Erzählen, Zuhören und Antworten – all das kann ich mit meinen Fingern, während ich die Füße berühre. Das „nur“ Massage zu nennen, würde es nicht treffen.

Mit unseren Fingern und Augen können wir „lesen“, wo ein Loch, ein Knubbel, eine Verhärtung oder Steifigkeit sich zeigen. Und auch, nach welcher Art von Zuwendung in Form von kräftigem Zupacken, Reiben, Streichen oder spiraligem Verwinden der Fuß lechzt. Interessant auch, dass wir häufig für das, was wir spüren, keine Worte finden und uns dennoch verstehen.

Hungrige Füße

Wie schon so häufig spüre ich auch hier, wie hungrig, ja geradezu ausgezehrt unsere Lieben da unten sind. An den Füßen kann ich das sehen, und über die Füße können wir uns auch ein wenig satt und glücklich machen.

Wir lechzen jetzt nach Essen, denn So konzentriert zu arbeiten, macht hungrig. Gemüse aus dem Garten und ein Koblauchdipp stärken uns. Bei dieser Gelegenheit erinnere ich mich, an meine Ausbildung vor vielen Jahren zur Fußpflegerin. Damals war ich erstaunt über die Selbstversuche, meiner Mitschülerinnen: Sie rieben sich die Fußsohlen mit Knoblauch ein und nach ein paar Stunden hatten sie den Geschmack ganz deutlich im Mund. Aber ich weiche ab, um Knoblauch geht es hier ja nicht.

Über das Fußgewölbe zum aufrechten Gang

Weiter geht’s mit der Entwicklung der Menschheit. Und zwar auf dem Steg im Seerosenteich:

…Erst sind wir Affen, die in den Bäumen hängen. Nicht nur unsere Hände sondern auch die Füße können greifen und sich geschickt festhalten… Die Urwälder verschwinden und der Hunger treibt uns auf den Boden. Unsere Wahrnehmung ist zum Boden gerichtet. Greifen mit den Füßen ist nicht mehr notwendig, wir sind jetzt langsam und leichte Beute für wilde Tiere, die wir auch erst viel zu spät bemerken… Ganz langsam richten wir uns auf. Unsere Körperhaltung ist weiterhin nach unten orientiert. Runder Rücken, hängende Schultern aber dennoch: wir sehen über das Steppengras – und hier dankenswerterweise über das Schilfgras im Teich. Beeindruckend, wie sich unsere Wahrnehmung verändert. Weitsicht, Umsicht, Aufrichtigkeit kommen mir in den Sinn.

Aber immer noch fällt es uns schwer, aufrecht zu stehen. Zum Menschsein fehlt noch etwas. Und das ist unser Fußgewölbe. Unser gesamtes Gewicht lastet im aufrechten Stand jetzt auf unseren Füßen. Mutter Natur hat sich dafür den Trick mit dem Gewölbe einfallen lassen. Wir kennen das schon von mächtigen Kirchengebäuden, die ihre Stabilität den Kuppeln und Bögen zu verdanken haben. Und so ist es auch in unseren Füßen. Hier spannt sich im Vorfuß das Quergewölbe und vom Großzehenballen zur Ferse das Längsgewölbe. Damit stehen wir stabil, können schwere Lasten schleppen, springen, laufen…

Vom Nomaden zum ‚Couch-Potato‘

In einer spiraligen Verschraubung spannt sich unser Fuß und ermöglicht die aufrechte Haltung.
Die Natur hat also alles gut für uns eingerichtet. Zur Entwicklung der modernen Menschheit gehört jedoch auch die Zivilisation und deren Krankheiten und Beschwerden. Wir nutzen vielfach die Aufrichtung nicht mehr, sondern buckeln vor dem Computer oder manchmal auf vor dem Chef. Wo wir früher bei jedem Schritt balancieren mussten, fordern gepflasterte Böden höchstens noch unsere Bandscheiben heraus. Und wir sitzen statt zu hocken und wir stehen, statt zu laufen. Unsere schöne Haltung tendiert erstaunlich häufig wieder in Richtung Boden, Weitsicht und Umsicht verschenken wir. Jammerschade.

Eine Kathedrale aus Licht

Zur Abrundung des Wochenendes fühlen wir uns in verschiedene Fußprobleme ein und probieren die dazu passenden Übungen, die Susanne auch in ihrem Buch beschrieben hat. Dabei gefällt mir die Kathedrale sehr gut. Sie hilft gegen Knick- und Senkfuß, oder wenn einfach zu viel Stress in den Gelenken sitzt. Wenn ich diesem Bereich eine „Kathedrale aus Licht“ entstehen lasse, richten sich meine Fersen und Sprunggelenke wie von Zauberhand auf. Ein erhebendes Gefühl.

Zum Abschluss eine Lebenswelle

Höhepunkt des Wochenendes für mich, ist die Lebenswelle an den Füßen erfahren zu dürfen. Susannes geniale Massagetechnik, die sich auf fast alle gängigen Fußprobleme und damit auf den gesamten Körper harmonisierend auswirkt.

Und das war erst das erste Seminar aus einem Ausbildungszyklus zum ganzheitlichen Fußberater. Gehmeditationen, Meridiane, Fußreflexzonen und weitere spannende Themen kommen noch dran.

Meine Erkenntnis:

Ins Problem führt uns der Weg des Helden – Hinaus der Weg des Herzens

Liebe Grüße an die Füße und einen besonderen Dank an Susanne

Birgit

Trag dich in den Fußletter ein. Dann bleibst du auf dem Laufenden 

8 Kommentare
  1. Anja Kälber sagte:

    Liebe Birgit,
    vielen Dank nochmal für die vortreffliche Zusammenfassung unseres gemeinsamen Wochenendes bei Susanne. Mir sind jetzt wieder Dinge eingefallen und aufgefallen die man im Nachhinein wieder anders ansieht.
    Es war und ist mir eine Freude Dich persönlich zu kennen.
    Ich wünsche Dir eine sonnige Zeit
    Herzlichst Anja

    Antworten
    • Birgit sagte:

      Liebe Anja,
      das Wochenende mit euch und dir war sehr bereichernd und ich fand es schön, wie vertrauensvoll wir miteinander umgegangen sind. Ich wünsche dir viel Freude bei der Umsetzung.
      Alles Liebe und Grüße an die Füße
      Birgit

      Antworten
    • Birgit sagte:

      Liebe Simone, das freut mich sehr. Und gleichzeitig darf ich mich darin üben, Komplimente anzunehmen. Komplimente, Kommentare, Aufmunterungen sind wie Schokolade – machen aber nicht dick. Dazu habe ich heute eine erstaunliche Geschichte gehört:
      In Buenos Aires sind die Frauen stolz, tragen ihr Frau-Sein un-verschämt zur Schau und bekommen auf der Straße Komplimente zugerufen – war das nicht auch mal so in Italien??? … Eine argentinische Sprachlehrerin ging für ein paar Monate nach Schweden und diese vielen kleinen Komplimente fehlten ihr so sehr, dass sie daraufhin 15 Kilo zunahm.
      Was will uns das sagen? Ach, deutsche Tango-Touristinnen mögen diese Komplimente nicht – was ist da los?
      Alles Liebe – Birgit – und danke 🙂

      Antworten
  2. Ute Müller sagte:

    Liebe Birgit,
    deine „Geschichten“ zu lesen ist immer wieder ein Genuss und ich kann mir richtig vorstellen, wie schön das Wochenende gewesen sein muss. Auch ich bin wie Dagmar vor mir, ein wenig neidisch. Alle Probleme wie du sie beschrieben hast – zu wenig Bewegung, zu viel sitzen – spiegeln sich auch in meinen Füssen wieder. Auch den Stress, dann kribbelts wieder. Aber ich kann „wieder“ sagen, da bin ich schon froh drüber. Durch eine ganz liebe und erfahrene Physiotherapeutin habe ich nun manchmal Phasen, wo ich kein Kribbeln habe. Das Buch habe ich mir gekauft und in 14 Tagen bin ich auf meiner geliebten Insel und werde mich mit „Fuß-Yoga“ beschäftigen … ich freu mich wie „Bolle“… Ganz liebe Grüße Ute

    Antworten
    • Birgit sagte:

      Liebe Ute,
      wenn du in 14 Tagen auf deiner geliebten Insel bist… dann gehst du bestimmt in ein Restaurant. Dort gibt es eine Speisekarte. Du triffst eine Wahl. Pizza oder Pasta. Du stellst dich darauf ein. Du kannst das auch mit deinen Gefühlen tun. Entscheide dich für Freude. Dafür, den Kontakt zum Boden zu spüren. Dafür, dass Luft an deine Zehen kommt uns sie genug Raum haben, um sich zu entfalten. Wenn dich ein bestimmter Schuh davon abhält, weißt du, was du zu tun hast. Auch das ist übrigens schon Yoga. Hinspüren, was da ist und was du brauchst. Das Kribbeln brauchst du dann bald nicht mehr. Das ist nur dazu da, dich an genau diese Aufgabe zu er-innern. Und dazu brauchst du nicht 14 Tage zu warten 🙂
      Viel Freude „wie Bolle“
      Birgit

      Antworten
  3. Dagmar sagte:

    Liebe Birgit,
    Da kann man ja ganz neidisch werden…:-)
    Gerne wäre ich bei einer solchen Fussbehandlung dabei gewesen…
    Liebe Grüße
    Dagmar

    Vielleicht kannst du nochmal bitte die Kathedrale aus Licht erläutern?

    Antworten
    • Birgit sagte:

      Liebe Dagmar,
      wenn es dich mal ins Allgäu verschlägt, mach unbedingt einen Termin mit Susanne aus. Zur Licht-Kathedrale ist im Buch ein gutes Bild. Begleite die Vorstellung, dass innerhalb deiner Sprunggelenke ein sakraler Bau aus Licht wächst, mit einem sanften Streichen deiner Finger über die Knöchel in Richtung Waden.
      Liebe Grüße – Birgit

      Antworten

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