Wie oft hast du schon erfolglos versucht, deinen Beckenboden zu kräftigen?
Schluss mit Kneifen
„Sie werden sich schwer tun, Kinder auf normalem Wege zur Welt zu bringen. Ihr Beckenboden ist zu stramm“
Das sagte mir ein einfühlsamer Frauenarzt. Er wirkte betrübt und ich war betroffen. Ich war damals Mitte 20.
Das war zu der Zeit, als ich fast 10 Jahre lang Bauchtanz unterrichtete und auftrat. Und nicht nur so ein bisschen. Ich habe gut davon gelebt und in dieser Zeit viel über Frauen und ihr Verhältnis zur eigenen Weiblichkeit gelernt. Ist schon eine gute Weile her, wie du auf dem Bild siehst.
Da ich immer schon ziemlich dünn war – und bestimmt zu den unfreiwillig schlanksten Bauchtänzerinnen – gehörte, gab er mir noch den Rat, eine Kur mit Nährbier und Schokolade zu machen. Ungelogen!
Ich bin dann zu einer Frauenärztin gewechselt. Schade eigentlich, denn in keiner weiteren gynäkologischen Untersuchung wurde ich jemals wieder auf meinen Beckenboden angesprochen.
…Vielleicht war sie emanzipiert oder ganz einfach freier erzogen und deshalb so unverblümt. Jedenfalls kam ich mal mit einer Vietnamesin ins Gespräch: Bauchtanz? Dann musst du ja unglaublichen Sex haben. – O je. Ich war zwar ein verrücktes Huhn aber trotzdem ziemlich verkrampft. So offen über Sex zu sprechen ging gar nicht.
Das war auch der Grund, warum ich mich manchmal verstohlen in großen Buchhandlungen nach entsprechender Lektüre umgesehen habe. Ein Buch fiel mir fast aus den Händen. Ich war so schockiert als ich eine Passage über den weiblichen Beckenboden las. Despektierlich wurde er mit einem ausgeleierten alten Turnschuh verglichen. Mir kamen fast die Tränen.
Jahre später las ich die „Die Wolfsfrau„ von Clarissa Pinkolas Estée. Ich habe das Buch verschlungen. Hier stand etwas von überbordender weiblicher Kraft und von unserer Urnatur. Sie beschrieb genau, was ich beim Tanzen erfahren hatte. Ich fühlte mich abgeholt und bestätigt und so einiges wurde wieder heil.
Den Bauchtanz habe ich an den Nagel gehängt. Von heute auf morgen. Das hat niemand verstanden. Vielleicht lag es an meinem Beckenboden-Trauma. Wie auch immer. Das Kapitel war für mich abgeschlossen und Kariere war angesagt. Und dann bin ich in der falschen Umkleidekabine gelandet. Aber meine Kinder bekam ich, Jahre später – auf normalem Wege.
Beim Yoga für Schwangere wurde ich erstmals mit Beckenbodentraining konfrontiert. Wir übten Lift fahren. Das fand ich interessant und eine neue Erfahrung: Es ist möglich, diesen verborgenen Teil meines Körpers von innen zu spüren.
Auf die Rückbildungsgymnastik habe ich verzichtet. Mein Schoß war mir immer noch suspekt. War vielleicht ein Fehler. Denn dann gings unmerklich bergab mit meinem Beckenglück. Um meinen vierzigsten Geburtstag habe ich angefangen, mich wieder mehr meinem Körper und meiner Mitte zu widmen: Yoga habe ich immer gemacht und da übten wir auch Mula Bandha. Sehr vereinfacht ist das der Verschluss des Beckenbodens. So richtig erklärt wurde es aber nie wirklich.
Wie bitte spannen wir unseren Beckenboden an?
Zusammenkneifen? Alles irgendwie „wtsch“… zusammenpressen, Pobacken und Lippen inklusive. Nee, das kann es nicht sein.
Stimmt, da gibt es die Empfehlung mit dem Aufzug. Also alle Löcher irgendwie dicht, gedanklich in den Lift stellen und nach oben fahren. Fortgeschrittene halten bei jedem Stockwerk an.
Oder die Reißverschlusstechnik: Du stellst dir vor, dass du vom Schambein (wieso heißt das eigentlich so?), also vom Schambein aus, deine Muskulatur „irgendwie“ eng machst und dann wie mit einem Reißverschluss in Richtung Nabel ziehst. Und dann? Atmen nicht vergessen.
Und nicht ausrottbar: die Empfehlung, beim Pinkeln den Harnstrahl anzuhalten. Nein! Nein! Nein!
Kommt dir das bekannt vor?
Also, das mit dem Kneifen ist unlustig und bringt auch nicht wirklich viel. Von Stirnfalten mal abgesehen. Deshalb lassen wir das mit dem Üben gerne schleifen und obwohl wir wissen, dass wir da was tun müssten, kneifen wir lieber. Irgendwann – ganz bestimmt – gehen wir das mal intensiver an und verschieben unseren Vorsatz auf bessere Tage.
Jetzt ist es so weit. Schluss mit Kneifen!
Unser Beckenboden ist so enorm wichtig. Warum?
-
Energie-Inkontinenz
Hinter Alltagssorgen, Kummer und Hilflosigkeit, liegt ziemlich gut versteckt unsere nicht eingestandene Wut. Wut ist reine Energie, die wir aber nie gelernt haben, anzuzapfen, sie auszuleben. Was machen wir stattdessen?
Ganz einfach: Wir Frauen machen viel zu häufig den Fehler, dass wir uns bis zur Erschöpfung auspowern. Wir kämpfen gegen die Wut statt mit ihr. Geht‘ schon – antworten wir, wenn wir gefragt werden. Tatsächlich würden wir vielleicht lieber laut losschreien aber das verkneifen wir uns lieber. Bis es halt nicht mehr geht. Ein paar Tage Wellness richten dann auf Dauer nicht viel aus.
Wenn wir nicht gegensteuern, fließt unsere Energie ungebremst aus uns raus. Nicht umsonst spricht man vom Powerhouse. Kraft aus der Mitte. Du kannst entscheiden, ob du die Energie einer Tigerin entwickeln willst oder ob es zulässt, dass dir die Energie entrinnt. Denn deine Power geht dir verloren, wenn du kein Bewusstsein in deinen Schoß lenkst.
-
Blasenschwäche: Wir heben so lange schweres Zeugs, bis wir undicht werden.
Und schlimmer noch: wir fangen auch noch an zu tröpfeln. Denn Materie folgt Energie. Dass das ein Thema ist, siehst du, wenn du an der Werbung zur besten Sendezeit über Slipeinlagen, die ein bisschen mehr auffangen.
Allein wenn wir mal überlegen, wie viel wir täglich schleppen… Körpereinsatz ist gefragt, wenn wir Kinder tragen. Oft jahrelang. Dann die schweren Einkäufe. Und wenn die Kinder groß sind, sind wir vielleicht auch gefordert, Eltern zu pflegen und auch körperlich zu stützen. Nur wo nehmen wir die Kraft her?
Denn leider, leider setzen viele Frauen dabei ihren Beckenboden nicht ein und schwächen ihn dadurch.
Noch schlimmer. Im Fitnessstudio stemmt frau Gewichte, macht ein unschönes Gesicht dabei und das ist das untrügliche Zeichen, dass „da unten“ nichts mitarbeitet.
-
Es passiert beim Niesen und beim Husten…
Wer hat schon Lust, zu tröpfeln? Ein bewusster, kräftiger Beckenboden ist das beste Mittel gegen Inkontinenz. Die kann sich nämlich schneller einstellen als wir denken. Es genügt, wenn wir uns mal so richtig erkälten und längere Zeit husten und niesen müssen. Oft gibt sich das dann wieder. Wenn wir Glück haben.
Du willst mehr? Hol dir den Fußletter.
-
Und die Lust?
Bevor ich es vergesse: Mit mehr Achtsamkeit in deiner Mitte, hast du mehr Lust an der Lust und das meine ich durchaus auch im energetischen Sinne. Ein freies Becken und eine gute Beckenbodenspannung bringt uns eine unglaublich würdevolle Aufrichtung und wir strahlen aus, was in uns steckt. Ein wacher Beckenboden ist Nährboden für bewusst gelebte Sexualität.
-
Drunter und drüber
Eine Etage drunter ist auch nicht mehr alles im Lot. Unsere Füße – ein wichtiges Symbol unserer Weiblichkeit – machen häufig nicht mehr mit. Kein Wunder. Niemand klärt uns darüber auf, dass viele Fußprobleme daher rühren, dass uns die Kraft in der Mitte fehlt. Ohne Beckenbodenspannung werden die Füße platt. Auf High Heels knicken wir um. Hallux valgus stellt sich ein. Unsere Füße schmerzen. Müsste alles nicht sein, wenn wir uns lustvoller durchs Leben bewegen würden.
Denn das ist es doch eigentlich, was wir Frauen wollen:
Uns mehr spüren, mehr Freude und Lebendigkeit in unser Leben einziehen lassen. Satt sein, glücklich sein. Vielleicht auch sexy. Auf jeden Fall aber aus der Unsichtbarkeit kommen.
Umso mehr erstaunt es, dass wir uns mit deutscher Gründlichkeit genau von dieser Kraft abschneiden. Durch immer gut sein und es jedem recht machen wollen beschneiden wir uns selbst. Wir wollen alles unter Kontrolle haben, alles im Griff – auch unseren Beckenboden.
Unser Beckenboden mag es nicht, wenn du ihn kontrollierst. Dein Prachtstück will gespürt, geschätzt und bespielt werden. Stattdessen gehen wir in die Muckibude und wollen aus ihm einen strammen Max machen. Und das funktioniert nicht, wie du bestimmt schon selbst festgestellt hast.
Was kannst du machen?
Übernimm Verantwortung für dich und deinen Körper. Komm raus aus der Warteposition. Gib dir selbst, worauf du bisher gewartet hast.
Schuhe überprüfen
Schau dir mal die Sohlen deiner Schuhe an. Sind sie einseitig an den Innenkanten abgelaufen? Das fördert nicht nur Hallux valgus sondern ist ein Indiz dafür, dass dein Schoß nach mehr Lebendigkeit ruft. X-Beine und natürliche Beckenpower schließen sich fast aus. Bringe deine Schuhe zum Schuster.
Achte auf deine Verdauung
Blähungen, Verstopfung oder Durchfall schwächen deine Muskeln im Beckenboden. Lass dich beraten
Weniger sitzen
Wenn dein Schreibtischstuhl durchgesessen ist, besorge dir einen ergonomischen Stuhl. Damit wirkst du einem Kreislauf entgegen, denn: wenn dir die Füße wehtun, sitzt du mehr. Und wenn du mehr sitzt, wird dein Beckenboden schlapp.
Bewege dich sinnlich
Schau dich nach Bauchtanzkursen um oder wenn dir das nicht liegt, mach Pilates. Beide haben enorme Auswirkung auf dein Beckenglück, da sie dich ins Spüren bringen.
Gähne hingebungsvoll
Lies dazu auch diesen Artikel.
Sprich deine Frauenärztin, deinen Frauenarzt explizit darauf an
Vor ca. 30 Jahren hat der Stern dazu aufgerufen, dass Frauenärzte empathischer auf ihre Patientinnen eingehen sollen. Das bewirkte, dass wir heute nicht mehr unbekleidet auf IHN warten mussten. Dass wir nicht mit: „die nächste bitte“ aus dem Nebenzimmer zu ihm gerufen werden, sondern abgeholt werden. Instrumente vorgewärmt werden usw. Ich finde, es ist jetzt an der Zeit, dass das Thema Beckenboden und Sexualität unverkrampft angesprochen werden sollten. Hier ein empfehlenswerter Blog von Ingrid Gerhard, Professorin für Gynäkologie.
Lippenstift und Nagellack
Male dir die Lippen rot und trage Nagellack. Das sind Symbole unserer Urkraft… Mit „Klauen und Zähnen“, du weißt schon. Modells schwören auf lackierte Fußnägel. Sie versichern, dass sie sich damit auf dem Laufsteg bewusster bewegen. Und mach’s wie Marlene Dietrich: Sie ließ sich Geld für Dessous zusätzlich zur Gage zahlen. Weil sie damit ein besseres Körpergefühl hatte. Ihr Motto war: Auch wenn das keiner sieht, sieht man das.
Dann setze dein Mona-Lisa-Lächeln auf. Du spürst jetzt Lebendigkeit in dir, und die kannst du ruhig ausstrahlen.
Wenn du mehr für deinen Beckenboden tun willst,
habe ich für dich den ganz besonderen Onlinekurs IN DEINER MITTE SEIN erstellt. Darin zeige ich dir, wie du auf sinnliche, humorvolle und unglaublich effektive Weise dein Prachtstück weckst und zum Mitspielen im Alltag einlädst. Mehr erfährst du hier.
Auf den Punkt gebracht:
Heute ist mir klar, dass mein damaliger Frauenarzt überfordert war. vielleicht war ich die erste Frau in seiner Sprechstunde mit einem intakten Beckenboden. Und das hatte ich dem Bauchtanz zu verdanken. Hätte er den Mund gehalten, wäre für mich nicht eine Welt zusammengebrochen – aber dann gäbe es auch diesen Artikel nicht.
Wenn du mehr spüren willst, dann mach Schluss mit Kneifen.
Alles Liebe und 1001 kraftvolle Grüße
Birgit
12 Kommentare zu “Schluss mit Kneifen”